Wenn 6 Wörter mehr als jedes Bild sagen
SOMEONE LOVES YOU
DRIVE WITH CARE
Diese 6 Wörter auf einer Überkopf-Anzeigentafel eines Highways in den USA wirken auf mich viel stärker, als all die „fahr vorsichtig“-Plakate mit blutverschmierten Windschutzscheiben oder verseinsamten Teddies, die unsere Straßen säumen.
Liebe als der stärkste Motivator, unser Verhalten zu verändern?
Liebe wirkt besser als Angst. Denn bei Angst machen wir automatisch zu und schalten in einen Modus, der uns hilft, kognitive Dissonanzen abzubauen. Wir wollen an manche Dinge nicht erinnert werden, schon gar nicht an unseren eigenen Tod. Deshalb blenden wir die entsprechenden Informationen aus, spielen sie herunter oder verdrängen sie gleich ganz.
Anders bei der Liebe: Sie fühlt sich gut an. In der Regel wollen wir mehr von ihr in unserem Leben. „Jemand liebt dich. Fahr vorsichtig.“ – So simpel. Im Original sogar ohne Satzzeichen. Ob der Verfasser sich der Stärke dieser Nachricht bewusst war? Vermutlich nicht. Vor allem, da diese sechs Wörter auf den zweiten Blick noch viel cleverer sind:
Du bist liebenswert!
„I care for you“ bedeutet so viel wie unser „Ich hab‘ dich lieb.“ „care“ kann man mit „Umsicht“ oder auch „Fürsorge“ übersetzen. Damit ist das „drive with care“ viel stärker als einfach nur „drive carefully“. Alle positiven Assoziationen mit „care“ schwingen unterbewusst mit. Die beiden Sätze appellieren also an unser Verantwortungsbewusstsein: „Hey, da gibt es jemanden, der ziemlich traurig wäre, wenn dir was passiert.“ Und da wir diese Person gern haben, wollen wir natürlich nicht, dass sie leidet, wenn uns etwas passiert. Aber geht es wirklich um diese andere Person? Jein. Was macht die erste Zeile mit uns? Probieren wir es aus:
Jemand liebt dich.
Du bist liebenswert.
Dein Leben ist wertvoll.
Noch mal:
Jemand liebt dich.
Du bist liebenswert.
Dein Leben ist wertvoll.
Schwupps, sind wir in der Gegenwart. Wo auch immer wir – wie so oft beim Autofahren – mit unseren Gedanken waren, jetzt sind wir mit der ganzen Aufmerksamkeit auf der Straße. Das Gefühl, geliebt zu werden und liebenswert zu sein – und genau das lösen die Worte in aus – schärft unsere Sinne.
Mit dem Foto eines süßen Babys wäre die Nachricht aber doch sicher stärker…
Nein! Aus einem ganz einfachen Grund. Wenn man die Zeilen liest, tauchen sofort Bilder von der Person bzw. den Personen auf, die uns liebt bzw. lieben. Wäre ein Foto dabei, müssten wir zuerst das Bild verarbeiten und erst dann hätte unser Kopf (oder unser Herz?) Zeit, die Bilder unserer Lieben „zu laden“. Eindeutig ein Umweg. Ganz abgesehen davon, dass beim Foto einer Person immer die Gefahr besteht, dass wir die Person ablehnen. Sogar, wenn es ein süßen Baby ist. Vielleicht hat uns ja ein brüllender kleiner Tyrann am Nebentisch gerade das Mittagessen vermiest. Könnte sein.
Bilder im Kopf entstehen lassen … Die hohe Kunst des Schreibens. 😉
Hier geht’s zum Foto auf der Facebook-Seite von VISUAL STATEMENT.